Jeder Bürgerin und jedem Bürger steht das Recht offen, zu regeln, wer was im Fall der eigenen Entscheidungs- oder Handlungsunfähigkeit tun darf. Es empfiehlt sich:

  • über eine Vorsorgevollmacht einer Vertrauensperson die Möglichkeit einzuräumen, stellvertretend für einen selber (den sogenannten Vollmachtgeber) zu entscheiden und zu handeln
  • über eine Patientenverfügung zu bestimmen, wie man selbst bei Entscheidungs- und Handlungsunfähigkeit (Unfall, Krankheit, Alter) von den behandelnden Ärzten und Pflegekräften medizinisch versorgt und verpflegt werden möchte.

Nicht nur ältere, auch jüngere Menschen sollten sich mit dieser Thematik befassen. Denn niemand ist sicher davor, dass er nicht plötzlich oder im Verlauf einer Erkrankung längere Zeit oder für immer seine Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen und Entscheidungen nicht oder nur noch eingeschränkt treffen kann. Die Möglichkeiten der Medizin schreiten ständig voran. Manche empfinden dass das Leben durch eine teilweise unwürdige und manchmal fragwürdige Apparatemedizin künstlich erhalten wird und möchten das für sich selbst nicht. Zur Groborientierung:

I. Rechtslage ohne Vorsorgevollmacht

Trifft man keine Vorsorge, wird das Betreuungsgericht einen Amtsbetreuer einsetzen, auf dessen Auswahl man selbst als Betroffener keinerlei Einfluss nehmen kann. Man riskiert, dass das Gericht einen Betreuer bestellt, der zum Betroffenen und seinem sozialen Umfeld keinen persönlichen Bezug und Kontakt hat. Denn die Bestellung eines Betreuers geschieht durch das Betreuungsgericht in einem streng formalistischen Verfahren, das erhebliche Zeit in Anspruch nimmt. Der Betroffene muss vom Richter angehört und amtsärztlich untersucht werden.  Zeigt sich bei der amtsärztlichen Untersuchung, dass man bereits betreuungsbedürftig ist, kann man in aller Regel keine wirksame Vorsorgevollmacht mehr errichten.

II. Rechtslage bei bestehender Vorsorgevollmacht

Existiert eine Vorsorgevollmacht, kann der Bevollmächtigte diese Vollmacht potentiellen rechtsgeschäftlichen Partnern und/oder Ärzten vorlegen und darauf beharren, dass nun das gemacht wird, was er – der Bevollmächtigte – wünscht. Kommt dem der Dritte nicht nach, riskiert dieser sich schadensersatzpflichtig zu machen. Das gilt auch für Banken, wenn diese Anweisungen des Bevollmächtigten nicht nachkommen wollen.

1. Prinzipiell kann eine Vorsorgevollmacht auf alle Bereiche des Lebens ausgedehnt werden (Generalvollmacht). Es ist aber auch möglich, nur die Gesundheitsvorsorge oder nur für wirtschaftliche Dinge, also das Vermögen Vorsorge zu treffen. Dem Bevollmächtigten können folgende Angelegenheiten übertragen werden:

  • Gesundheitssorge und Pflegebedürftigkeit
  • Aufenthaltsregelung und Wohnungsangelegenheiten
  • Vertretung gegenüber Behörden und Versicherungen
  • Vermögenssorge, insbesondere Annahme von Zahlungen, Eingehen von Verbindlichkeiten, Geschäfte mit Kreditinstituten
  • Vornahme von Schenkungen
  • Immobiliengeschäfte, wobei dann aber zwingend notarielle Beurkundung nötig ist
  • Angelegenheiten, die das Unternehmen betreffen; auch hier empfiehlt sich in aller Regel notarielle Beurkundung
  • Regelung des Post- und Fernmeldeverkehrs
  • Vertretung vor Gericht
  • Befugnis zur Erteilung von Untervollmachten

2. Damit es bei der Ausübung der Rechte durch den Bevollmächtigten nicht zu Schwierigkeiten kommt, gilt es im Außenverhältnis, also der Beziehung zwischen dem Bevollmächtigten und Dritten, keine Beschränkungen oder Bedingungen zu formulieren. Denn in diesem Fall wäre das „rechtliche Können“ eingeschränkt. Der potentielle Vertragspartner könnte darauf bestehen, dass ihm dargelegt wird, dass die Bedingungen schon eingetreten sind, was auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen dürfte, weil in der gebotenen Eile nicht nachzuweisen. Deshalb sind Beschränkungen der Ausübung der Vollmacht lediglich im Innenverhältnis, also zwischen dem Vollmachtgeber und dem Bevollmächtigten, zu treffen, wobei für dieses „rechtliche Dürfen“ sinnvollerweise ein Kontrollbevollmächtigter einzusetzen ist, der einen Missbrauch der Vollmacht verhindern kann, dem mit anderen Worten der Bevollmächtigte Auskunft und Rechenschaft ablegen muss und der im Falle des Verdachts des Missbrauches die Vollmacht widerrufen darf.

3. Zu Beweiszwecken sollte die Vorsorgevollmacht stets schriftlich erteilt werden. Eine notarielle Beurkundung ist erforderlich, wenn der Bevollmächtigte auch Immobiliengeschäfte vornehmen oder im Bereich des Gesellschafts- und Handelsrechts tätig werden soll.

4. Sinnvoll ist es, bei den persönlichen Papieren oder in der Geldbörse einen schriftlichen Hinweis auf die Existenz der Vorsorgevollmacht und den Hinterlegungsort zu verwahren, damit gewährleistet ist, dass im Ernstfall die Vollmacht schnell gefunden wird.

5. Zur eigenen Absicherung sollte der Bevollmächtigte

  • für alle Ausgaben Belege sammeln
  • ein Haushaltsbuch führen
  • bei Kontovollmacht Kopien der Kontoauszüge fertigen
  • Bargeld immer nur gegen Quittung auszahlen.

Wird das beherzigt, kann der Bevollmächtigte nach dem Erbfall ohne große Schwierigkeiten vollständig Rechenschaft gegenüber den Erben ablegen und riskiert nicht, sich selbst schadensersatzpflichtig zu machen.

6. Über eine sogenannte transmortale Vollmacht wird dem Bevollmächtigten die Vollmacht über den Tod des Vollmachtgebers hinaus erteilt. Das ist sinnvoll, um Verzögerungen bei der Abwicklung des Nachlasses zu vermeiden. Denn die Erteilung eines Erbscheines oder eines Testamentsvollstreckerzeugnisses durch das Nachlassgericht kann durchaus mehrere Monate in Anspruch nehmen.

III. Patientenverfügung

Volljährige können in einer schriftlichen Patientenverfügung im Voraus festlegen, ob und wie sie später ärztlich behandelt werden wollen, wenn sie ihren Willen nicht mehr selbst äußern können (§ 1901 a BGB). An den derart geäußerten Behandlungswunsch sind sowohl Arzt und Behandlungsteam als auch der Bevollmächtigte oder der Betreuer gebunden.

Wichtig: Nahe Angehörige (Ehepartner, Lebensgefährte, Kinder) sind ohne ausdrückliche Erlaubnis nicht befugt, diese notwendigen Entscheidungen zu treffen. Nur über eine Patientenverfügung lässt sich also das Recht auf Selbstbestimmung bei der Wahl der Behandlungsmethode und bei der Frage eines Behandlungsabbruches wahren. Ohne eine Patientenverfügung wird der Arzt auch in einer ausweglosen Situation, also bei infauster Diagnose, sich im Zweifel für eine Maximalbehandlung entscheiden, schon um nicht selbst in die Haftung zu geraten.

1. Der Betreuer und Bevollmächtigte sind im Falle der Entscheidungsunfähigkeit des Betroffenen an eine schriftliche Patientenverfügung gebunden. Betreuer und Bevollmächtigte haben also zu prüfen, ob die Festlegungen in der Patientenverfügung der aktuellen Lebens- und Behandlungssituation entsprechen und den Willen des Betroffenen zur Geltung zu bringen. Selbst die Anordnung, lebenserhaltende Maßnahmen zu beenden, muss grundsätzlich von den Ärzten befolgt werden.

2. Natürlich ist niemand gezwungen, eine Patientenverfügung zu verfassen. Gibt es keine solche Patientenverfügung oder treffen die Festlegungen nicht die aktuelle Situation, muss der Betreuer oder Bevollmächtigte nach dem mutmaßlichen Patientenwillen entscheiden, ob er in die Untersuchung, die Heilbehandlung oder den ärztlichen Eingriff einwilligt.

3. Eine Patientenverfügung ist nach § 1901 a BGB schriftlich zu erteilen. Notarielle Beurkundung oder Beglaubigung ist nicht nötig. Ganz ausschlaggebend ist dabei, dass präzise und klar formuliert wird und die Patientenverfügung erkennen lässt, dass man sich nach reiflicher Überlegung für bestimmte Behandlungsmethoden entschieden hat. In jedem Fall muss die Patientenverfügung eigenhändig mit Angabe von Ort und Datum unterschrieben sein.

4. Selbstverständlich kann die Verfügung jederzeit abgehändert und widerrufen, vernichtet oder ganz neu abgefasst werden.

5. Sind sich Arzt und Betreuer bzw. Bevollmächtigter über den Patientenwillen einig, bedarf es keiner Einbindung des Betreuungsgerichtes. Bestehen hingegen unterschiedliche Ansichten, müssen folgenschwere Entscheidungen vom Betreuungsgericht genehmigt werden. Das ist vom Gesetzgeber vorgesehen, um einer Missbrauchsgefahr vorzubeugen. Bei Zweifeln entscheidet also der Richter als neutrale Instanz.